In vielen Fällen ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass das neu zu begründende Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person (interne Zielversorgung) nicht eine vergleichbare Wertentwicklung wie das bestehende Anrecht der ausgleichspflichtigen Person (Ausgangsversorgung) erhält.
In den Auskünften der Versorgungsträger an das Familiengericht sind oft folgende Formulierungen zu finden:
- Die ausgleichsberechtigte Person soll einen neuen Vertrag erhalten in Form einer beitragsfreien aufgeschobenen / sofort beginnenden Rentenversicherung auf ihr Leben.
- Ein Kapitalwahlrecht besteht, soweit dies bei der Versicherung der ausgleichspflichtigen Person vorgesehen ist.
- Der Charakter der eingerichteten Versorgung entspricht dem der ursprünglichen Versorgung, d.h. es werden möglichst gleichartige Garantien gewährt und möglichst die gleiche Produkt Kategorie gewählt.
- Beginn der Versicherung ist der Erste des Monats in dem die Entscheidung des Familiengerichts rechtskräftig wird.
- Bei Rentenzahlungen wird der Beginn dabei so festgelegt, dass sich für die ausgleichsberechtigte Person das gleiche Rentenbeginnalter ergibt, wie für die ausgleichspflichtige Person vertraglich vorgesehen ist.
- Bei Kapitalauszahlung wird der Auszahlungszeitpunkt für die ausgleichsberechtigte Person auf das gleiche Endalter festgelegt, wie dies im Vertrag der ausgleichspflichtigen Person vorgesehen ist.
- Das Recht zur Fortführung der Versicherung mit eigenen Beiträgen wird eingeräumt, sofern dies im Vertrag der ausgleichspflichtigen Person vorgesehen ist.
- Die ausgleichsberechtigte Person wird Versicherungsnehmer.
- Es besteht eine Beitragsgarantie in Höhe des Einmalbeitrages (Ausgleichswert).
- Die ausgleichsberechtigte Person erhält einen Vertrag mit aktuellen Rechnungsgrundlagen.
Die Punkte 1 bis 6 sind unproblematisch, weil sie ein annähernd wertgleiches Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person begründen. Der unscheinbare Punkt 7 ist jedoch genau zu prüfen.
Rechnungsgrundlagen
Die aktuellen Rechnungsgrundlagen für die interne Zielversorgung können erheblich von den Rechnungsgrundlagen der Ausgangsversorgung abweichen.
Ein Beispiel:
Bei einer zwischen Juli 1994 bis Juni 2000 abgeschlossenen Direktversicherung ist in der Ausgangsversorgung ein Garantiezins von 4,0 % enthalten. Hinzu kommen Überschussanteile und Bewertungsreserven.
Die ausgleichsberechtigte Person soll einen Vertrag mit aktuellen Rechnungsgrundlagen erhalten. Das entspricht ab 01.01.2015 einem Garantiezins von 1,25 %. Hinzu kommen ebenfalls Überschussanteile und Bewertungsreserven. Beim Garatiezins ergibt sich eine Differenz von 2,75 %.
Es kann zu einer vergleichbaren Wertentwicklung von Ausgangsversorgung und interner Zielversorgung kommen, wenn die Ablaufleistung der internen Zielversorgung einschließlich Überschussanteilen und Bewertungsreserven die Ablaufleistung der Ausgleichsversorgung einschließlich Überschussanteilen und Bewertungsreserven erreicht.
Es kann aber auch nicht. Gegebenenfalls erreicht die Ablaufleistung aktueller Verträge nicht einmal den Garantiezins von Altverträgen. Dies wird sich aber erst rückschauend feststellen lassen.
Lösung
Das Familiengericht hat im Rahmen der Amtsermittlung festzustellen, ob durch die erheblich niedrigere Garantieverzinsung die vom Gesetzgeber bei interner Teilung in § 11 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG geforderte vergleichbare Wertentwicklung noch gegeben ist.
Der anwaltliche Vertreter der ausgleichsberechtigten Person setzt sich jedoch einem hohen Haftungsrisiko aus, wenn er dieser Problematik keine Aufmerksamkeit schenkt und es versäumt, das Familiengericht auf diesen Punkt aufmerksam zu machen.
Daher sollten Versorgungsordnung und Teilungsordnung auf diesen Punkt geprüft werden.
Sind die Bedingungen des § 11 Abs.1 Nr. 2 VersAusglG nicht erfüllt, so hat das Gericht zu prüfen,
ob dann § 11 Abs. 2 VersAusglG anzuwenden ist.
Autor:
Martin Reißig, Rentenberater in der Kanzlei Schulz Reißig und Kollegen in Hamburg, Sachverständiger und Fachbuchautor im Versorgungsausgleich
Das VAW Versorgungsausgleichswerk – Mehr Rente nach Scheidung
Die Wahl einer optimierten Zielversorgung bei externer Teilung kann für die ausgleichsberechtigte Person vorteilhafter sein als eine interne Teilung mit schlechter Wertentwicklung und eingeschränktem Leistungsumfang.
Es ist stets unser Anspruch, Ihren MandantInnen Lösungen anzubieten, die deutlich über die gesetzlichen Möglichkeiten bzw. Rahmenbedingungen hinausgehen.
Wir unterstützen bei der Entscheidungsfindung und der Auswahl einer passenden Zielversorgung. Zusätzlich kümmern wir uns um die notwendigen Formalitäten.